Der WDR versieht alte Otto-Sketche und "Schmidteinander" mit Hinweisen: Das Programm enthalte "Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden". Ein eigentümliches Vorgehen!
Es sind nur zwei Sätze, und man kann sich schon fragen: Sind sie die – mal wieder – aufgeheizte Debatte über einen angeblichen "Woke-Wahnsinn" wert? Der erste enthält eine banale Feststellung: "Das folgende Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt." Der zweite aber hat es in sich: "Es enthält Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden." Diesen Hinweis hat der WDR vor Folge 1 und 2 von "Die Otto-Show" aus den 70ern gesetzt, die er zum 75. Geburtstag von Waalkes in der ARD Mediathek wiederholt. Gleiches beim 90er-Jahre-Satireformat "Schmidteinander" von Harald Schmidt und Herbert Feuerstein. Der Hinweis wird sich, bliebe der WDR konsequent, schnell weiter verbreiten müssen, im Grunde übers gesamte Programmangebot hinweg. Wie bei Streamingdiensten, die vor Alkohol, Gewalt oder Sex in ihren Programmen warnen. Denn: Im Jahr 2023 ist potenziell alles anstößig. Und, so kann man polemisch ergänzen, das Leben lebensgefährlich.
Das Publikum wird auf groteske Weise vom WDR unterschätzt
Aber ist es nicht wunderbar, wenn inzwischen eine größere Sensibilität herrscht, wenn auf möglicherweise problematische Inhalte aufmerksam gemacht wird oder diese entsprechend "eingeordnet" werden, wie der WDR seine Hinweistafeln verstanden wissen will? Dies ist zum einen, jenseits der geifernden rechtspopulistischen Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk, durchaus der Debatte wert. Zum anderen muss gerade in diesen Fällen allerdings vor allem über das eigentümliche Verständnis von Kunst- und Meinungsfreiheit diskutiert werden, das sich in den Warnhinweisen offenbart.
Otto Waalkes und Harald Schmidt reagierten mit Humor: "Vor Komik kann also gar nicht genug gewarnt werden", meinte der "Blödelbarde"; "Ein echter Schmidteinander-Gag", kommentierte Schmidt. Doch lustig ist das WDR-Vorgehen nicht. Nicht nur, dass beiden ohne Nennung von konkreten Beispielen pauschal unterstellt wird, sie würden Diskriminierung Vorschub leisten. Nicht nur, dass "Betrachtungen" und Empfindungen (von wem eigentlich genau?) zu einem fragwürdigen Maßstab erhoben werden. Auch das Publikum wird auf groteske Weise unterschätzt. Betreutes Fernsehen.
Was sagt es über eine Gesellschaft aus, die mit Hinweistafeln vor satirischen oder fiktionalen Formaten "gewarnt" werden muss?
Ist es tatsächlich nicht in der Lage und medienkompetent genug, Sketche, Kalauer, Witze, Satirisches als ebensolches zu erkennen? Und kann es diese wirklich nicht vor ihrem jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Kontext betrachten? Ein Otto-Witz – wie jeder Witz – funktionierte, wurde verstanden oder erst verständlich im engen Rahmen der Zeit, in der er verbreitet wurde. Es ist keine Nebensächlichkeit, wer einen Witz wann wie und vor welchem Publikum erzählt. Ottos Witz mag heute aus der Zeit gefallen wirken, in den 70ern hatte er, auch, eine aufklärerisch-kritische Kraft. Was zugleich bedeutet: Heute würde man, und das lässt sich gut begründen, manches unterlassen oder anders angehen. Eine Dietl-Serie wie "Monaco Franze – Der ewige Stenz" zum Beispiel wäre in dieser Form kaum mehr denkbar, ist sie aus der unerbittlichen Sicht der Nachgeborenen schlicht frauenfeindlich. Dennoch ist das allzu schlicht und sollte nicht den Sinn dafür trüben, welches Meisterwerk sie war und nach wie vor ist.
Doch zurück zu Ottos Witzen und Schmidts Satire. Sie gründen auf oder spielen mit Abgründen, Tabubrüchen. In der Überzeichnung lassen sie ein Stück Wahrheit zutage treten. Das Anstößige liefert Denkanstöße. Dass man das dem WDR, einem Sender mit langer Kabarett-Tradition, einmal vorhalten muss, wer hätte das gedacht!? Und man fragt sich ernsthaft: Was sagt es über eine Gesellschaft aus, die mit Hinweistafeln vor satirischen oder fiktionalen Formaten "gewarnt" werden muss?
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Wie darf man sich das vorstellen, da sitzen in einem Center oder im Home Office Menschen die in vergangenen Jahrzehnten alten Filmen, Büchern, Medien, Artikeln.. Biographien rumwühlen um nach diskriminierenden zu suchen. Diskriminierendes gegen ausländisch aussehende Menschen, Kulturen, Traditionen usw.. Und wenn sie fündig werden geht man in Büchereien usw. und stellt klar dass das nicht mehr geht.. Wer sind diese eigentlich ? was treibt sie dazu an.. wir können nur heute etwas ändern, aber doch nicht unsere Vergangenheit. Wir haben als Kinder auch Indianer und Cowboys gespielt.. Man nimmt mir und uns Deutschen unsere Vergangenheit, man nimmt sich das Recht heraus zu verändern was mich/ uns ausmacht. Wie den zweiten Weltkrieg wo man heutige dunkelhäutige Menschen heraus finden lässt warum das so war.. Jedes Land der Welt hat seine Vergangenheit.. und muss von den eigenen Leuten aufgearbeitet werden.. die Dinge müssen da bleiben wo sie hingehören.. und nicht immer alles vermischen..!
(edit/mod/NUB 7.2)
die öffentlich rechtliche endlich abschaffen, träumen Sie gerne weiter, habe da so eine kleine Taste, nennt sich Umschalttaste, wo Ihnen das Gehirn gewaschen wird, weiß ich nicht so genau, will ich auch gar nicht wissen, gibt sehr gute Sendungen bei ARD und ZDF, nur um eine zu nennen "Monitor"
@Z.
Das würde Ihnen tatsächlich gefallen, das glaube ich … und Julian Reichelt kommt dann bei diversen Medien ganz groß raus und verbreitet die übliche Hetze und alternative Fakten, oder? Das wäre dann nicht mehr Gehirnwäsche, da bräuchte es schon Clementine, um alles wieder strahlend weiß zu bekommen.
"Es enthält Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden." Ich würde diesen Satz an der richtigen Stelle um "von einigen" ergänzen.
>> Denn: Im Jahr 2023 ist potenziell alles anstößig. <<
Klimakleben und unkontrollierte Masseneinwanderung nicht...
Waalkes sagt doch selbst, dass er den ein oder anderen geschmacklosen Witz heute nicht mehr machen würde.
Der Irssinn, welcher sich hier zeigt folgt, nahtlos dem Irrsinn "Genderwahn" in der Deutschen Sprache und Grammatik bis hin zu der schon absurden Diskussion, ob man als Kind den Wunsch haben konnte "Indianerhäuptling" zu werden oder das Wort "Mohrenkopf" zu sagen, ohne in den Verdacht rassistischer Umtriebe zu kommen. Hier hat es eine kleine, aber lautstarke linksliberale Bildungs"elite" geschafft, aus ihrer Position der saturierten Langeweile heraus in Verbindung mit einer unglaublichen Arroganz zu glauben, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein und so darüber befinden zu können, was man dem Bürger an Unterhaltung durchgehen lassen kann und welche Sprache die "Richtige" ist. Dagegen hilft nur die aktive Weigerung, sich jeder deratigen Bevormundung zu wiedersetzen und etwa Fernsehsender, die sich da vereinnahmen lassen, schlicht nicht mehr einzuschalten.