Wie der Biber im Landkreis Augsburg an vielen Nerven nagt
Der Biber sorgt in der Region zunehmend für Ärger. Landwirten und Waldbesitzern sind im Kampf gegen den Nager jedoch die Hände gebunden.
"Die Stimmung kippt langsam", sagt Manfred Ziegler und verbessert sich sofort selbst. "Nein, sie ist schon gekippt." Ziegler ist Inhaber eines Holzhandels in Gessertshausen. Der Grund für seine schlechte Stimmung: Biber. Die Schäden, die er durch die Nager in den vergangenen Jahren hinnehmen musste, schätzt Ziegler auf etwa 100.000 Euro.
Weil Biber seine Bäume annagen, seien die Pflanzen geschwächt und damit anfälliger für starken Wind oder Borkenkäfer. Wenn einzelne Bäume dadurch sterben würden, sei wiederum der komplette Wald anfälliger. Durch Biberdämme und aufgestaute Gewässer würden Flächen zudem komplett vernässen, sagt Ziegler. Und durch die unterirdischen Burgen der Nager würden immer wieder Wege wegbrechen, sodass er mit seinen Maschinen nicht mehr zu den Bäumen kommt. Das Problem mit dem Biber sei in den vergangenen Jahren explodiert, sagt Ziegler. "Mittlerweile hockt in jeder Pfütze einer."
Dass der Biber immer präsenter im Landkreis wird, zeigt sich vielerorts. Etwa 1000 Tiere seien es im Landkreis, schätzt der Biberberater des Landkreises Augsburg, Gerardo Pallotta. Immer wieder sorgt der Biber für Ärger. "Zum Beispiel, wenn durch Biberdämme land- und forstwirtschaftliche Flächen und Wege überschwemmt werden", schreibt ein Sprecher des Landratsamts. "Oder ufernahe Flächen, Feldwege und Straßen unterminiert oder Bäume gefällt werden." Zudem könne durch den Anstau der Gewässer auch der Ablauf der Drainagen von landwirtschaftlichen Flächen beeinträchtigt werden.
"Wir haben im Landkreis Augsburg riesige Probleme mit Bibern"
Birgit Volanti findet entlang der Wertach immer wieder Spuren von Bibern: angenagte Stämme, gefällte Bäume. Die Augsburgerin hat ein Pferd auf dem Virthahof in Bobingen, daher ist sie dort täglich unterwegs: "Mir ist aufgefallen, dass da viele Biber unterwegs sind - ich seh's teilweise schon als Gefahr. Da gibt es viele Bäume, die kurz vorm Umfallen sind."
Auch Landwirt Johann Pfänder aus Schwabmünchen bereitet der Biber regelmäßig Probleme. Ein kleiner Bach nahe der Wertach wird immer wieder von Bibern aufgestaut. Sehr zu Pfänders Leidwesen: "Eigentlich hat das schön ausgesehen, mittlerweile wird der immer breiter." Erst seit zehn Jahren sei der Biber da, vorher sei der Bach schmal gewesen. Für ihn ist der Biber ein Ärgernis: "Ich hätte es gern anders. Manchmal habe ich den Traum, es wäre wieder so wie früher, bevor der Biber da war."
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Der Biber sorgt für Spannungen bei Landwirten, Waldbesitzern und Anwohnern. "Wir haben im Landkreis Augsburg riesige Probleme mit Bibern", sagt Martin Mayr, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands im Landkreis Augsburg. Es gebe zu viele, immer wieder entstehe so Schaden für die Landwirtschaft. Er kritisiert, dass vieles davon erst wahrgenommen werde, wenn es Private beträfe. "Die Landwirte sind frustriert, weil nichts vorangeht."
Im Forstrevier Schwabmünchen sieht man die Ausbreitung des Bibers kritisch
Auch Robert Boyda vom Forstrevier Schwabmünchen sieht die Ausbreitung des Bibers kritisch: "Der macht mittlerweile ganz schön Probleme." Insbesondere für Waldbesitzer und Gemeindearbeiter sei es ein großer Aufwand, der betrieben werden müsse. Das betreffe zum Beispiel die Unfallgefahr durch unterminierte Böschungen oder angefressene Bäume, die dadurch instabil würden und für die Verkehrssicherung entfernt werden müssten.
Der Biber greife auch Wälder an, indem er Laubhölzer entferne, Fichten anknabbere und sie damit angreifbar für den Borkenkäfer mache. Man könne die Bäume zwar schützen, aber mit viel Aufwand und einigen Einschränkungen, sagt Boyda.
Er sieht mittlerweile fast jedes Gewässer im südlichen Landkreis betroffen, es gebe kaum ein Eck, bei dem der Biber nicht aktiv sei. "Das Hauptproblem ist, dass unsere Kulturlandschaft nicht mehr auf den Biber eingestellt ist", glaubt er. Seiner Meinung nach wäre es sinnvoll, den Schutzstatus des Bibers anzupassen. "Weil er einfach nicht mehr gefährdet ist."
Holzhändler wünscht sich "eine unkomplizierte Abschussgenehmigung"
Für Peter Gaugenrieder aus Diedorf ist eine Grenze erreicht. Er ist Hobby-Landwirt – und ärgert sich in letzter Zeit immer wieder über den Biber. "Wir haben Bereiche, in denen es extrem ist", sagt Gaugenrieder. Die Schäden seien vor allem in der Landwirtschaft teilweise erheblich: "Wenn Ackerflächen überflutet sind, erstickt die Saat regelrecht und verfault."
Viel dagegen tun kann Gaugenrieder nicht. "Durch den extremen Schutz des Bibers sind einem die Hände gebunden", kritisiert er. Er würde sich ein "leichteres Zugriffsrecht" wünschen, wie er es nennt. Heißt: Einzelne Tiere abschießen zu dürfen. Auch Holzhändler Ziegler würde sich eine unkomplizierte Abschussgenehmigung wünschen. Die würde vom Landratsamt aber regelmäßig abgelehnt. Grundsätzlich habe er nichts gegen den Biber, sagt Ziegler. "Aber an manchen Stellen passt es einfach nicht."
Wie gefährdet der Biber derzeit ist, ist schwer zu sagen. Der Unteren Naturschutzbehörde liegen keine Informationen dazu vor. Der Sprecher des Landratsamtes schreibt, dass der Biber in Deutschland noch streng geschützt sei und Deutschland bisher keine Ausnahme von dem strengen Schutz der EU beantragt habe – das lasse darauf schließen, dass die bestandserhaltende Verbreitung noch nicht für ganz Deutschland gelte.
Die Maßnahmen gegen den Biber sind sehr eingeschränkt
Momentan sind die möglichen Maßnahmen gegen den Biber daher relativ eingeschränkt. Zum Beispiel könnten Dämme abgesenkt oder beseitigt werden, erklärt der Sprecher. Auch Biberburgen könnten beseitigt werden. "Außerdem ist unter bestimmten Voraussetzungen und als letzte Maßnahme auch ein Entnehmen der Tiere durch Abschuss möglich." Durch vorbeugende Maßnahmen könnten zudem Schäden vermieden werden, Bäume mit Gittern und Kabelbindern gesichert werden. Für diese Maßnahmen stehe im Einzelfall staatliche Förderung bereit, schreibt der Sprecher. In Bayern gebe es außerdem einen Fond, der für einen Teil der Biber-Schäden aufkommt. Das Geld reiche jedoch bei Weitem nicht, kritisieren Landwirte.
Aber sind Biber nur Plagegeister? Das Landratsamt sieht in ihnen auch Gutes: "Biber gestalten ihren Lebensraum wie keine andere heimische Tierart. Sie sind Ökosystem-Ingenieur, Wasserbauer, Landschaftsarchitekt und -gestalter", schreibt der Sprecher. Als sogenannte Schlüsselart würden sie eine Vielfalt an Lebensräumen und Strukturen für seltene Tiere und Pflanzen schaffen. "Durch den Anstau der Gewässer halten sie Wasser in der Fläche zurück und können damit auch zum dezentralen Hochwasserschutzes beitragen."
Das sieht Holzhändler Ziegler anders. "Wir sind es leid zu diskutieren", sagt er. Jeder würde das Problem zum nächsten schieben, keiner sich zuständig fühlen. "Und wenn man etwas machen will", sagt Ziegler", ist man der Böse." So geht es auch Landwirt Pfänder. "Manchmal geht’s einem schon ein bisschen unter die Haut, weil man ein bisschen frustriert ist und nicht entsprechend regulieren kann", sagt er. "Und der Biber ist ja auch nicht wegzubringen, der ist einfach da – und breitet sich ohne natürliche Feinde weiter aus."
Die Diskussion ist geschlossen.
Die Entnahme einzelner Tiere bringt doch nix, deren vakante Reviere werden doch sofort von neuen Bibern in Beschlag besetzt.