Wenn den Unternehmen die Fachkräfte fehlen
Manche Ingenieur-Stellen bleiben ein halbes Jahr unbesetzt. Nun fordert die IG Metall auch noch kürzere Arbeitszeiten. Verschärft das den Fachkräftemangel?
Seit Monaten überschlagen sich die positiven Nachrichten über die konjunkturelle Lage. Die Wirtschaft wächst und wächst und wächst. Die Zahl der Arbeitslosen schrumpft und schrumpft und schrumpft. Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich an dieser positiven Lange etwas ändern werde, hieß vor gut einer Woche im Bericht der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Doch rundum zufrieden sind die schwäbischen Arbeitgeber nicht. Der Grund ist eben der Arbeitsmarkt, der mit einer bayernweiten Arbeitslosenquote von 2,9 Prozent wie leer gefegt ist.
Für die Firmen in der Region hat das ganz konkrete Folgen: So erzählt etwa Markus Partik, Geschäftsführer von SGL Carbon in Meitingen, dass er manchmal bis zu einem halben Jahr brauche, um eine Stelle für einen Metall- oder Elektroingenieur zu besetzen. „Und wenn wir jemanden finden, dann kommt der meist aus einem anderen Bundesland. Das kann doch auch nicht der Sinn sein, dass wir uns gegenseitig die Fachkräfte abluchsen“, sagt er. Partik erzählt das nicht nur in seiner Funktion als SGL-Manager. Er ist gleichzeitig auch Vorsitzender der schwäbischen Metall- und Elektroarbeitgeber und betont deshalb auch, dass dieser Industriezweig eigentlich in einer vorteilhaften Lage ist: „Ein Tarifangestellter verdient bei uns im Durchschnitt 58200 Euro im Jahr. Das sind 15 Prozent mehr als in anderen Wirtschaftszweigen“, sagt er.
Fachkräftemangel: Auch Leiharbeiter fehlen
Dennoch tun sich die Betriebe mitunter schwer. Das kann seine Vorstandskollegin Vera Schneevoigt, die das Fujitsu Werk in Augsburg leitet, bestätigen. Sie erzählt, dass Fujitsu in Hochkonjunkturphasen auf Leiharbeiter zurückgreife, um die Nachfrage zu befriedigen. Doch obwohl die Firma bei Leiharbeitern angesehen sei, finde man kaum noch Mitarbeiter. Der Markt ist leer.
Gerade vor diesem Hintergrund stören sich die Vertreter der Metall-Arbeitgeber massiv an den Forderungen der IG Metall. Die Gewerkschaft möchte im neuen Tarifvertrag aushandeln, dass alle Angestellten für eine Dauer von bis zu zwei Jahren ihre Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden in der Woche reduzieren können. Schichtarbeiter, Eltern und Menschen, die Angehörige pflegen, sollen dazu einen Lohnausgleich bekommen: 200 Euro im Monat für all jene, die pflegen oder Kinder erziehen, und 750 Euro im Jahr für Schichtarbeiter.
IG Metall fordert ein Recht auf befristete Teilzeit
Partik hält es für fatal, in Zeiten, in denen Fachkräfte fehlen, solche Anreize für weniger Arbeit zu setzen. „Die Forderungen sind Gift für unsere Wirtschaft“, sagt er. Vor allem weil die Betriebe schon versuchen, möglichst individuell auf ihre Mitarbeiter einzugehen. So berichtet Schneevoigt, dass in ihrem Unternehmen vor allem junge Angestellte mit starren Arbeitszeitmodellen wenig anfangen können und nach flexiblen Regelungen fragen. Wenn es geht, sagt sie, versuche der Betrieb, diesen Wünschen auch zu entsprechen. „Wir fragen uns ja, wie wir für unsere Mitarbeiter attraktiv bleiben und wie wir ihren Bedürfnissen gerecht werden“, sagt sie. Denn gerade in der IT-Branche kämpfe man gegen vielen Konkurrenten. „IT-Wissen braucht gerade jeder.“ Und diesen Wettstreit gewinne, wer das beste Gesamtpaket anbiete.
Doch da liegt in den Augen der IG Metall der Knackpunkt. Ob ein Beschäftigter weniger arbeiten darf oder nicht, entscheidet bislang nicht er, sondern der Arbeitgeber. „Deshalb fordern wir, dass jeder Arbeitnehmer das Recht hat, seine Arbeitszeit zu reduzieren, wann er möchte, und wieder in Vollzeit zurückkehren kann. Denn beides ist bislang Sache des Betriebes“, sagt Timo Günther, Pressesprecher der IG Metall Bayern.
Die Arbeitgeber rechnen vor, dass ihnen dadurch zehntausende Vollzeitarbeitskräfte fehlen würden. Günther glaubt das nicht. „Gerade Betriebe, die im Tarifvertrag sind, machen sich so als Arbeitgeber interessant“, sagt er. Wenn ein Bewerber wisse, dass er in einer Firma bei Bedarf die Arbeitszeit reduzieren kann, sei das ein wichtiges Argument für das Unternehmen, so Günther.
Die Diskussion ist geschlossen.
Wenn dieser Fachkräftemangel real ist, kann diese Gewerkschaftsforderung nur als fatal bezeichnet werden. Eine solche die Unternehmen verpflichtende Regelung würde mit Sicherheit den Fachkräftemangel verstärken, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen reduzieren - und vor allem in wirtschaftich schwächeren Zeiten bei manchen Unternehmen zu nicht unerheblichen Schwierigkeiten führen. - Stattdessen sollten sich die Gewerkschaften lieber mit den Arbeitgebern auf ein gemeinschaftliches Programm einigen, dass die vielen immer noch arbeitslosen Menschen in Deutschland in geeigneter Weise qualifiziert - und dabei Rücksicht auf die vielfältigen Gründe der Arbeitslosigkeit dieser Zielgruppe nimmt und darauf eingeht.
Und die Arbeitgeber sollten bedenken: Wer Fachkräfte sucht, kann und sollte diese zuerst in Deutschland suchen, und dabei nicht argumentieren, >man könne doch anderen Regionen nicht die Fachkräfte wegnehmen<. Wer z.B. wegen eines Arbeitsplatzes von Niedersachsen nach Bayern zieht, wird schon seine Gründe haben.
Doch anderen Ländern, - wo man sie so oder so nicht gefunden hat und findet -, wollte und will man die "Fachkräfte" wegnehmen, die dort dringend gebraucht werden, um deren Heimtländer auf- und auszubauen... Die Ursachen für die Flüchtlings- und Migrantenströme hat man bei den Arbeitgebern offensichtlich bis heute nicht erkannt - und deren Folgen nicht begriffen!